Ein ganzes Büschel roter Nelken für den Briefträger

0 01.05.2020

Mit einem ganzen Büschel roter Nelken in der Faust würde ich am liebsten meinem Briefträger auflauern – wenn ich nicht Sorge hätte, dass ihn diese Geste in Verwirrung stürzen könnte. Und außerdem hat er ja gar keinen Platz auf seinem Rad.

„Donnerwetter, da haben Sie ja mächtig draufgesattelt!“ sagte ich zu dem stets freundlichen Manne, der nun einen großen, großen Lastenanhänger hinter seinem Drahtesel herzieht und das ist sehr, sehr unhandlich. Immerhin wird er beim Radeln elektrisch unterstützt.

„Ja“, sagt er. „Mein Revier ist ja jetzt auch deutlich vergrößert worden.“ - „Ach, wie schaffen Sie das denn auch noch?“ - „Mehr arbeiten“, sagt er. Aber das sei noch nicht alles. Ab der nächsten Woche müsse er auch noch Pakete ausliefern. „Pakete? Wo wollen Sie die denn noch hinpacken?“ - Der Mann dreht sich um, schaut auf seinen Hänger und zuckt mit den Schultern. „Weiß ich auch nicht“, sagt er. „Und die Pakete müssen wir übergeben“, sagt er. Also anschellen, warten, beim Nachbarn schellen, warten, Paket abgeben, Zettel schreiben und in den Briefkasten des Empfängers stecken. Monicas Naivität ist grenzenlos: „Aber da bekommen Sie doch bestimmt mehr Gehalt?“ - "Pfffff." Der Mann atmet aus.

Muttern hatte dann und wann einen kleinen Strauß roter Nelken auf dem Schränksken im Flur stehen. Das war kein Ausdruck politischer Gesinnung, sondern eine Frage des guten Geschmacks und außerdem dufteten die Nelken herrlich. Rote Nelken sind aus der Mode gekommen und zwar nicht nur die auf der Kommode, sondern auch die im Revers.

Zu unrecht, meine ich.

Einen schönen (1.) Mai wünscht Ihre und Eure Monica

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