Jede Menge Kohlen

0 08.01.2021

So richtig Spaß am Schnee hatte Muttern nicht. Sie fror schon, wenn sie aus dem Fenster die Schneeflocken auf die Straße rieseln sah. Da konnte der Kohleofen bullern wie er wollte. Sie griff zur Strickjacke und machte sich Sorgen, ob wohl alle Lieben heil nach Hause kommen.

Die Kinder hofften auf viel Schnee: „Todesbahn“ oder „Idiotenhügel“ waren nur zwei der beliebtesten Möglichkeiten, sich im Park von ganz oben Richtung Krankenhaus zu bewegen.

Und: „So richtig kalt wird es noch Ende Januar und im Februar“, seufzte Muttern und legte sicherheitshalber noch ein Brikett nach.

Im Winter war es die Kohleheizung, die Vattern als Ausrede diente, um ungeliebte Verwandtentreffs zu verkürzen. Er sagte dann: „So“ - mit einem äußerst kurzen „o“ gesprochen. Das war das Startzeichen für den Rest der Familie. Zur Erklärung für Onkels und Tanten schob er noch hinterher: Der Ofen braucht Koks. Es war leicht einzusehen für die Verwandtschaft, dass unsere Familie nicht im Kalten sitzen wollte.

Mit dem Ofen, der Koks braucht, wurden durch eine Art Heizungsschacht, der die warme Luft in die oberen Räume leitete, vier Zimmer beheizt. Durch diese Schächte quoll statt Wärme dicker Rauch, wenn „der Ofen“ nicht vernünftig zog. Auch nicht schön: Russwolken versauten die Räume, wenn man vergessen hatte, bevor der Schornsteinfeger seine Arbeit tat, die Lüftungsschächte mit den extra dafür vorgesehenen Schiebern zu verschließen.

Da konnte man dann Muttern flitzen sehen, wenn man die Kugel des Schornsteinfegers schon durch den Kamin poltern hörte!

Wir Kinder nutzten die Schächte um bäuchlings die Gespräche der Erwachsenen abzuhören, die sich extra zurückgezogen hatten, um ungestört etwas zu bereden. Eine praktische Angelegenheit, die dann ihr jähes Ende fand, wenn die Kommentare der Kinder zu dem Gehörten am anderen Ende der „Leitung“ nicht auf taube Ohren stießen.

Wir hatten jede Menge Kohle: Es gab zwei Kohlenkeller, einen für den Koks, den anderen für Eierkohlen. Briketts wurden im Gang gestapelt. Auf den Eierkohlen – das fand ich besonders passend – kam dann und wann ein gluckendes Huhn zu sitzen, bis es sich wieder „eingekriegt“ hatte.

Übrigens: Das Branchenverzeichnis führt nur noch einen Kohlenhändler im Großraum Borbeck auf. In Bergeborbeck an der Heegstraße. Kein Wunder: Ich kenne auch nur noch ein Haus, das mit Kohle beheizt wird. So ändert sich alles. Nur Monica bleibt die Alte.

Bis zur nächsten Woche

Ihre und Eure Monica

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