1850-1900: Bürgermeisterei und Kirche

Bürgermeisterei Borbeck

Die wuchernden Industrieanlagen suchen nun Arbeitskräfte: Zwischen 1850 und 1860 steigt die Einwohnerzahl Borbecks von 8.971 auf 17.154. Bis zum Datum der Eingemeindung nach Essen (1915) wächst Borbeck trotz der Abtrennung von Gemeindeteilen auf 71.580 Einwohner. Eine Herausforderung für die auf Vorschlag des Landrats von der königlichen Regierung ernannten Bürgermeister: Auf Philipp Leimgardt folgen Ludwig Stock (1823-1840), Hermann Péan (1840-1868), Wilhelm Faehre (1868-1869), Carl Kruft (1869-1881), Rudolf Heinrich (1881-1907) und Ferdinand Baasel (1907-1915). Ihnen zur Seite stehen zunächst ehrenamtlich tätige Beigeordnete – unter ihnen etwa die Fabrikdirektoren Friedrich Lange (1837-1918), Franz Wüstenhofer (1859-1927) oder der Gutsbesitzer Heinrich Kirchmann (1838-1914).

Kaum Entlastung in den Aufgaben für die fast vollständig fehlende Infrastruktur bringen die empfindlichen Gebietsverluste: 1861 verliert die Bürgermeisterei die Bauerschaften Lirich und Lippern, wo sich auf der Lipperheide um die Gutehoffnungshütte und den Bahnhof Oberhausen eine neue Stadt gebildet hat. 1874 wird die „Dreibauerschaft“ von Altendorf, Frohnhausen und Holsterhausen abgetrennt. Als 1915 Borbeck nach Essen eingemeindet wird, erhält Oberhausen zudem Teile von Frintrop und Dellwig. Zweimal beantragt Borbeck vergeblich die Verleihung der Stadtrechte.

Kirchliche Organisationen

Mehrere große Bergarbeiterstreiks finden 1872, 1889, 1905 und 1912 statt. Sozialdemokraten haben es schwer, überhaupt in Borbeck Fuß zu fassen und erst 1901 wird der Borbecker Ortsverein gegründet. Stark ausgeprägt ist dagegen ein stark kirchlich-katholisch geprägtes Milieu. Verantwortlich dafür sind nicht nur die antikatholische Haltung des protestantischen Preußen im so genannten „Kulturkampf“, sondern auch eine bereits früh begonnene Selbstorganisation in den neuen Kirchengemeinden, die aus der Borbecker Mutterpfarre St. Dionysius entstehen. Seit Mitte der 1850er Jahre gründet sich ein vielverzweigtes katholisches Vereinswesen aus Standes- und Berufsvereinen. Handwerker, Bergleute und Arbeiter organisieren sich im Gesellenverein (1860), dem Knappenverein (1861), zahlreichen Frauen- und Jugendorganisationen. Sie prägen die frühen christlichen gewerkschaftlichen Organisationen, aber auch die beherrschende politische Kraft in der Zentrums-Partei. Sie erhält in Borbeck bis 1933 stets die meisten Stimmen.

Ebenfalls aus der Kirche kommen frühe Bemühungen um soziale Einrichtungen. Es gründen sich caritativ tätige Elisabeth- und Vinzenzkonferenzen, der aus den Essener Beginenkonventen hervorgegangene Orden der Barmherzigen Schwestern der hl. Elisabeth richtet 1867 auf Haus Berge das erste Krankenhaus ein und 1891 wird in unmittelbarer Nähe zu St. Dionysius der Grundstein zum Katholischen Krankenhaus Philippusstift gelegt. Neue Kirchbauten selbst entstehen 1858 in Lirich (St. Marien, Oberhausen), 1868 in Bergeborbeck, 1877 mit St. Josef in Frintrop. Die viel zu klein gewordene alte St. Dionysiuskirche wird 1860/61 abgerissen und 1862 durch einen großen neugotischen Neubau ersetzt, für die der spätere Kölner Dombaumeister Vinzenz Statz die Pläne vorgelegt hat. Stark engagiert sind Pfarrer, Vikare und Kapläne im örtlichen Schulwesen. Mit der Industrie kamen aber auch evangelische Arbeiter nach Borbeck. 1845 wurde die erste evangelische Schule eingerichtet und 1864 konnte mit der Matthäuskirche die erste evangelische Kirche in Borbeck eingeweiht werden. Sie folgte mit kirchlichen Vereinen und Filialkirchen dem katholischen Vorbild. 1894 wurde das evangelische Krankenhaus Bethesda eingeweiht.

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