Exerzitienhaus in Borbeck

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war die Ordensgemeinschaft der Oblaten der Makellosen Jungfrau (O.M.I.) auf der Suche nach einem Standort für ein Exerzitienhaus im Ruhrgebiet. 1920 erwarben sie für einen Kaufpreis von 1 Mio. Reichsmark die am Germaniaplatz gelegene Leimgardt-Villa samt Parkgelände. Die Finanzierung erfolgte über Gelder aus der holländischen Niederlassung St. Karl und durch eine Auslands-Anleihe in beträchtlichem Umfang.

Die Einweihung fand am 28. April 1921 statt. Erster Rektor war P. Chwala. Im Mai 1921 konnten die ersten Kurse abgehalten werden. Wegen der großen Nachfrage (bis 1927 hatten hier bereits rund 15.000 Menschen ihre Exerzitien abgehalten) wurde ein Erweiterungsbau notwendig, der 1928 fertiggestellt war. Die Zahl von jährlich rund 4.000 Exerzitienteilnehmern blieb auch in der Weimarer Republik konstant.

1941 wurde in ganz Deutschland die Abhaltung von Exerzitien verboten. Im Juni 1941 untersagte die Gestapo auch dem Borbecker Haus St. Augustinus die Durchführung von Exerzitien. Stattdessen plante man die Umwandlung des Hauses in ein Verwaltungsgebäude. Auch die Reichspostdirektion zeigte Interesse an einer Nutzung und drohte sogar mit Enteignung. Um eine Umwidmung des Hauses zu verhindern, richtete man hier kurzfristig eine Zweigstelle des Philippusstifts mit OP-Sälen für Borbecker Fachärzte wie Dr. Marsch ein.

Am 25. Oktober 1944 wurde das Exerzitienhaus bei einem schweren Luftangriff fast völlig zerstört. Der Prozess des Wiederaufbaus gestaltete sich schwierig. Er ist in der Chronik von P. Johannes Wüst für die Jahre 1941 bis 1949 ausführlich dargestellt. Im November 1949 konnte dann der erste Exerzitienkurs nach dem Krieg durchgeführt werden. In den Folgejahren blieb die Nachfrage im Exerzitienhaus mit 3.000 Teilnehmern jährlich konstant.

Doch ab 1966 mussten sich die Oblaten nach einem neuen Standort umschauen. Der bauliche Zustand entsprach nicht mehr den Erfordernissen eines modernen Exerzitienhauses. Wegen der rückläufigen Zahlen in der deutschen Ordensprovinz kam ein Neubau nicht in Frage. Beschleunigt wurde der Entschluss der Oblaten, das Borbecker Haus aufzugeben, durch die Pläne der Stadt Essen, das Gelände in die Umgestaltung des Ortskerns Borbeck einzubeziehen.

1969 fand der Umzug nach Heidhausen statt. Erster Exerzitienmeister dort war der aus Borbeck stammende P. Alfons Keuter. Im September des gleichen Jahres wurde das Borbecker Exerzitienhaus abgerissen. Heute befindet sich auf dem Grundstück ein Mehrgenerationenpark. „Mit dem Exerzitienhaus verliert Borbeck eine wichtige Einrichtung, die in vier Jahrzehnten das kirchliche und geistige Leben in Borbeck mitgeprägt hat.“ (Borbecker Nachrichten Nr. 28/8.7.66). (FJG)

Quellen: Archiv des KHV, Archiv der Hünfelder Oblaten.

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