Hagedorn, Elli

Elisabeth Schmidt wurde am 1. August 1904 in Essen geboren. Ihre Eltern betrieben am Viehofer Platz in Essen eine Samenhandlung, die aus einer Kornmühle entstanden war, die der Vater um 1900 errichtet hatte. Die Familie Schmidt wohnte im Stadtwald, Frankenstr. 319. Elisabeth (Elli) hatte zehn Geschwister: Die Schwestern Maria, Josefine (Fini), Paula, Klara und Helene (Lenchen) sowie die Brüder Rudolf (Rudi), Leo, Klemens, Michael und Heinrich. Die Schwester Helene heiratete später einen Hans Wild. Sie ist die Mutter von Vera Eggebrecht, von der die meisten Informationen über die Familie und über ihre Tante Elisabeth stammen.

Schulausbildung, Studium, Lehrertätigkeit

Über die ersten Jahre der Elisabeth Wild gibt es keine Informationen. Die erste belastbare Information ist die, dass sie nach einer Ausbildung zur Fachlehrerin (technische Lehrerin) nach dem Einsatz an mehreren Borbecker Volksschulen um 1930 eine Anstellung an der Stifterschule (Frintrop II) in Essen-Frintrop erhalten hat, die von Rektor Dr. Hermann Hagedorn geleitet wurde.

Der Borbecker Architekt Karl-H. Bachem (1922-2013), Schüler der Stifterschule von 1928 bis 1932, konnte sich noch gut an die Turnlehrerin Schmidt erinnern. Auf Fotos aus dem Bestand des Kultur-Historischen Vereins Borbeck ist sie mit den Kolleginnen Frl. Elisabeth Gies, Frl. Anna Wippler, Frl. Maria Stöckmann und den Kollegen Hans Pingsmann, Heinrich Kappenberg und Wilhelm Knittel zusammen mit Rektor Hermann Hagedorn zu sehen. Auf den Fotos tragen die Herren Hagedorn, Pingsmann und Knittel das Parteianzeichen am Revers. Elisabeth Schmidt gehörte auch nach dem Ausbruch des Krieges 1939 dem Kollegium der Stifterschule an. Im Rahmen der Kinderlandverschickung wurde sie im Mai 1941 in ein KLV-Lager bei Olmütz im damaligen Protektorat Böhmen und Mähren abgeordnet, wo sie bis August 1942 ihren Dienst verrichtete. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Briefe und Postkarten von Elli Schmidt an Hermann Hagedorn.

Beziehung zu Hermann Hagedorn

Aus diesen Briefen ist einiges über die Entstehung, Entwicklung und Intensität der Beziehung zwischen Elisabeth Schmidt und Hermann Hagedorn zu erfahren. Die beiden hatten offenbar schon früh zueinander gefunden. In einem Brief an Hermann Hagedorn aus der KLV finden sich Hinweise auf ein erstes Hüttenbeisammensein mit Hagedorn im November 1932 sowie auf gemeinsame Urlaubsreisen in die Lüneburger Heide und ins Sauerland. Hermann Hagedorns Korrespondenz ist leider verschollen. Der Inhalt seiner Briefe und Karten lässt sich nur indirekt über Äußerungen und Reaktionen der Adressatin erschließen. Aus dem vorliegenden Schriftverkehr geht hervor, dass zwischen Elli Schmidt und dem verheirateten Hermann Hagedorn, überdies ihr Vorgesetzter, eine Beziehung bestand, die weit über ein Dienstverhältnis hinausging. Die „illegale“ nichteheliche Beziehung wurde in den bürgerlichen Kreisen, aus denen Elli Schmidt und Hermann Hagedorn stammten, anfänglich nicht gutgeheißen. Ellis Mutter soll noch auf dem Sterbebett den Wunsch geäußert haben, dass ihre Tochter die Beziehung zu Hermann Hagedorn durch eine kirchliche Trauung legalisieren möge.

Die Liaison dürfte im dörflichen Dellwig und schon gar nicht im „schwarzen“, erzkatholischen Borbeck nicht unbemerkt geblieben sein. Auch im Lehrerkollegium war sie gewiss kein Geheimnis. Es war eine Beziehung, über die man nicht offen sprach. Eine pikante Note erhielt die Beziehung dadurch, dass Hagedorns Ehefrau Josefa sehr krank war und im November 1939 starb. Das könnte – neben anderen Faktoren – auch die Abneigung erklären, mit der Gertrud, die Ehefrau des Hagedorn-Sohnes Hans-Toni, der Liebhaberin und späteren Gattin ihres Schwiegervaters Zeit ihres Lebens begegnete.

Ellis Briefe an Hagedorn

Was Elli Schmidt für eine Persönlichkeit war, lässt sich aus ihren Äußerungen in den Briefen an Hermann Hagedorn aus den Jahren 1941/42 und aus den Dokumenten zur Geschichte der Heeme-Hütte in Fretter erschließen. Aufschlussreich ist die Beziehung von Elli Hagedorn zu den Enkelkindern. Zu ihnen scheint sie keinen rechten Zugang gefunden zu haben. Die älteste Enkelin Edeltraut berichtete, dass sie wie ihre Zwillingsschwester nicht gut auf die angeheiratete Stiefmutter zu sprechen gewesen sei. Den Großvater Hermann Hagedorn hingegen nannten sie liebevoll „Opi“. Nach ihrem Eindruck habe Elli Hagedorn die Enkelkinder aus unerfindlichen Gründen einfach nicht gemocht. Als Beispiel führt sie eine Begebenheit an, wonach Elli Hagedorn die Kinder, als sie gerade zu Besuch in der Hütte waren, in Abwesenheit von „Opi“ Hagedorn in Fretter in den Zug gesetzt und nach Essen zurückgeschickt haben soll. Dieses Verhalten hat wohl etwas mit der gegenseitigen Antipathie zu tun, die das Verhältnis von Stiefmutter und Schwiegertochter bestimmt hat. Die Ursachen für das gestörte Verhältnis liegen im Dunkeln. Möglicherweise wurde die zweite Ehefrau von Gertrud Hagedorn und ihren Kindern als „Eindringling“ und „Störenfried“ betrachtet. Auch unterschiedliche Erziehungsauffassungen könnten eine Rolle gespielt haben.

Fern von Politik und Krieg beschwört Elli immer wieder die Macht der Liebe, das zentrale Thema ihrer Briefe. An einer Stelle schreibt sie: „Mittelpunkt und Ziel aller Gedanken und Wünsche, Anfang und Ende des Tages, der Sinn meines Lebens. Ach, Hermann, was sind das alles Worte, ich möchte einfach bei Dir sein, immer, immer.“ Möglicherweise haben sich die beiden während eines Kurzurlaubs in Wien im Sommer 1941 verlobt. In einem Brief vom September 1941 fragt sie ihren Hermann, ob er denn auch brav ihren Ring an seinem Finger trage. Den hier leise anklingenden latenten (und wohl auch berechtigten) Hang zur Eifersucht kann Elli nicht verhehlen. Sie weiß um die Schwäche des Charmeurs und „Herzensbrechers“ gegenüber dem weiblichen Geschlecht.

Auch aus anderen Gründen kommt es zu vorübergehenden Eintrübungen in der Fernbeziehung, die Elli und Hermann führen. Es ist vornehmlich der ständige Ortswechsel, den der umtriebige, auf Lesereise durch Deutschland befindliche Hagedorn vornimmt. Elli nennt ihn einmal einen „Reiseonkel“, der nie da ist, wo man ihn vermutet. Sie kritisiert auch dessen lückenhafte Kommunikation, die ihr den Eindruck vermittelt, als sei sie ihm nicht mehr wichtig genug. Dabei ist Elli, wie sie immer wieder durchblicken lässt, auf ihren Hermann angewiesen, besonders deshalb, weil er etwas aus ihr machen wolle. Für das literarische Schaffen Hagedorns zeigt sie großes Interesse. Sie sorgt sich überdies um die Lebensführung und die Gesundheit ihres Hermann. Es geht dabei um das  Ohrenleiden, das Hagedorn schon lange plagt (der Arzt diagnostiziert Obertöne), und um sein zuweilen exzessives Trinkverhalten. Elli wusste um seine Neigung zum Alkohol, war aber ihrerseits einem Schnaps oder Wein nicht abgeneigt.

Eine ausgesprochene besondere Affinität zum Nationalsozialismus und zum politischen Geschehen wird in den Äußerungen Ellis nicht erkennbar. Das Kriegsgeschehen kommentiert sie eher naiv-emotional. Sie nimmt Bezug auf die Folgen des Krieges („so viel blühende Jugend müssen wir hergeben“) und auf die im Juli 1941 verstärkt einsetzende Unterstützung Englands durch die USA („das blöde Amerika“) im Atlantik gegen deutsche U-Boote. Der Krieg im Osten macht ihr besonders zu schaffen, weil dort ihre Brüder im Einsatz waren („immer wieder muss ich nach Russland hinhorchen, ich hab schreckliche Angst“). Ihren Hermann warnt sie angesichts der sich verschärfenden Kriegslage im Ruhrgebiet mit den Worten: „Hüte Dich vor den bösen Bomben.“

Auf die verstärkten Luftangriffe auf Essen reagiert Elli Schmidt aus der Ferne mit zunehmender Besorgnis („Wenn nur die Heimat durchhält!“ und „Noch mehr Bomben in Essen? In Dellwig? Wo?“). Mit sichtlichem Stolz berichtet sie davon, dass sie die Aufgaben einer Lagerleiterin übernommen hat. Gleichzeitig äußert sie Selbstzweifel daran, ob sie der neuen Herausforderung gewachsen ist. Ihre Sätze machen deutlich, dass sie in pädagogischer Hinsicht auf das Sachwissen des Rektors Hagedorn zählt und dabei gerne auf seine Autorität zurückgreift: „Du musst mir ja immer helfen, Mark in die Knochen geben, mir das Rückgrat stärken.“ Fahnenhissen und Morgenappell begreift Elli als selbstverständliche Bestandteile des Schullebens im nationalsozialistischen Staat. Der Stolz auf die Führungsposition lässt kritisches Hinterfragen der neuen Rolle gar nicht erst aufkommen.

Die Zeit im KLV-Lager

Auf Verfügung des Führers Adolf Hitler vom Oktober 1940 sollten Schulkinder aus den vom Luftkrieg bedrohten Städten für mehrere Monate in weniger gefährdeten Gebieten unterrichtet und im nationalsozialistischen Sinne erzogen werden. Zu den ausgewiesenen Aufnahmegebieten gehörte auch das Protektorat Böhmen und Mähren. Anfang 1941 waren fast 200.000 Kinder in den rund 2.000 KLV-Lagern untergebracht. Ende März 1941 wurden etwa 400 Volksschulkinder im Rahmen der erweiterten KLV nach Lomnitz in der Hohen Tatra verschickt. Ende April 1941 fuhren etwa 200 Schüler der Alfried-Krupp-Oberrealschule mit einem Sonderzug in ein Lager in Kremsier im Protektorat Böhmen und Mähren. Ende Oktober 1941 kehrten sie nach Essen zurück.

An den ersten Verschickungen gab es viel Kritik zum Beispiel über das Ungleichgewicht zwischen Schulunterricht und Freizeitgestaltung bzw. Schule und Lager. Bemängelt wurde die geringe Qualifikation des begleitenden Lehrpersonals besonders in Böhmen und Mähren sowie der Mangel an Lehrmaterialien und an geeigneten Räumlichkeiten. Nach der Rückkehr mussten viele Kinder zum Ausgleich der Lerndefizite in ihren Heimatschulen „nachunterrichtet“ werden.

Die Lehrerin Elisabeth Schmidt wurde für die Teilnahme an der Kinderlandverschickung dienstverpflichtet. Ihr Dienst im Kloster Repschein bei Olmütz begann am 19. Mai 1941 und endete am 12. August 1942. Auf einer Postkarte von 1941, die nach Hannover geschickt wurde, stand als offizielle Anschrift des Lagers: KLV-Lager Olmütz, Teillager Repschein Ra4. Das Kloster Repschein wurde zu dieser Zeit von Schwestern des Dominikanerordens als Bildungseinrichtung für angehende Lehrerinnen betrieben. Für die Aufnahme der Kinder und Betreuerinnen mussten sie einen Teil des Gebäudes an die Kinderlandverschickung abgeben. Beide Bereiche waren an manchen Stellen durch eine Bretterwand notdürftig voneinander abgetrennt. Die Verpflegung der Kinder und Lehrerinnen wurde von den Schwestern übernommen. Dafür erhielten sie pro Kind 1,20 Mark.

Die Führung des Lagers lag bei dem Lagerleiter/der Lagerleiterin. Dazu gab es in jedem Lager einen Lagermannschaftsführer, meist ein älterer Schüler von der Hitlerjugend, und eine Lagermädelführerin vom BDM. Der Tagesablauf sah so aus: 06.30 Uhr Wecken, Waschen, Betten lüften, Stubendienst, Gesundheitsappell, 07.30 Begrüßungsspruch, Frühstück, danach vier Schulstunden, nachmittags Spiele, Wanderungen etc., Nachtruhe 21.00 Uhr. Im Kloster Repschein waren zeitweilig 120 Schülerinnen und Schüler aus Hannover und Essen untergebracht. Ganz in der Nähe nutzte die Essener Viktoriaschule ein ehemaliges Kinderheim in Heiligenberg bei Olmütz als KLV-Lager. Elli Schmidt musste, wie sie Hermann Hagedorn wissen ließ, neun Stunden Deutschunterricht erteilen und als einzige katholische Lehrerin alle zwei Wochen die Kinder zum Gottesdienst nach Olmütz (ungern) begleiten. Elli beklagte die ungerechte Bezahlung. Während die Erzieherinnen 30 Mark erhielten, bekamen die HJ-Lagerführer und BDM-Lagerführinnen (zumeist Abiturientinnen) 50 Mark und die Lagerleiterin 90 Mark.

Ein Teil der Schülerinnen kam von einem Lyzeum aus Hannover. Die Kinder, die Elli Hagedorn und ihre Kolleginnen zu betreuen hatten, stammten überwiegend aus prekären Familienverhältnissen. Sie kamen aus Altenessen und aus dem Arbeiterviertel Segeroth, auch „Wilden Norden“ genannt. Elli machte sich wegen des sozialen Gefälles zwischen den „sauberen“ und adrett gekleideten Mädchen aus Hannover und „ihren“ Schmuddelkindern aus Essen einige Sorgen.

Leben im Sauerland. Heeme-Hütte. Bis zu Hagedorns Tod

Elli Schmidt und Hermann Hagedorn kamen kurz nach dem vorzeitigen Ausscheiden Hagedorns aus dem Schuldienst am 1. Mai 1943 tatsächlich – so wie es sich Elli gewünscht hatte – „bald“ zusammen. Sie heirateten am 8. Juni 1943 in Essen und verließen die Heimatstadt. Mit ihm zog sie in eine im Wald gelegene Hütte in der Nähe des sauerländischen Orts Fretter bei Finnentrop. Die Fertigstellung der Hütte und der Einzug am 6. Juni 1944 erfolgten ohne Baugenehmigung. Die Hagedorns pflegten dort ein offenes Haus. Sie empfingen häufig Besucher, auch aus der alten Heimat Essen, und waren darüber hinaus in das örtliche Dorfleben eingebunden, zumindest was den lebenslustigen, extrovertierten Hermann Hagedorn angelangt. Elli Hagedorn widmete sich der Gartenarbeit und der Pflege ihrer Tiere (Ziegen) und genoss die Abgeschiedenheit in der Natur in vollen Zügen bis zu Hagedorns Tod am 7. März 1951, der einen Wendepunkt in ihrem Leben markierte.

Leben im Sauerland und Heeme-Hütte nach dem Tod Hagedorn

Für Elli Hagedorn war die Heeme-Hütte nicht irgendeine Hütte. Sie verband damit die Erinnerung an ihren verstorbenen Mann und an die harten und entbehrungsreichen Kriegs- und Nachkriegsjahre. Die Hütte sollte eine Gedenkstätte für ihren Mann bleiben. Elli Hagedorn hatte nach 1945 vergeblich versucht, wieder in den Schuldienst übernommen zu werden. Ihr Gesuch wurde aus unbekannten Gründen abgelehnt. Eine Witwenrente bekam sie nicht, weil sie Hermann Hagedorn erst nach dessen Pensionierung geheiratet hatte. Schon kurz nach dem Tod ihres Mannes begann Ella Hagedorn aus finanziellen Gründen damit, die Hütte als Ferienhaus zu vermieten. Neben der Fremdvermietung diente die Hütte Verwandten und Bekannten als Unterkunft bei Urlauben im Sauerland. Außerdem stand sie in den 1960er-Jahren für Vereinsfeiern und private Zwecke zur Verfügung. Die Vermietung samt Schlüsselübergabe lag in den Händen der Schwestern Johanna und Adelheid Menzebach aus Fretter.

Mit erheblichem finanziellen Aufwand kümmerte sich Elli Hagedorn um die Instandhaltung und technische Ausstattung der Hütte (Installation eines eigenen Stromanschlusses und einer eigenen Wasserleitung). In der Regel nahm sie für Reparaturen und Neuanschaffungen örtliche Handwerker und Geschäfte in Anspruch. Jahr für Jahr machte sie eine Kostenaufstellung. Die Aufstellung für das 1951 wies zum Beispiel für Briketts, Strom, Feuerversicherung und Pacht Gesamtaufwendungen in Höhe von rund 200 Mark aus.  Die Unterhaltungskosten konnte Elli Hagedorn nur aufbringen, weil sie ab 1956 eine jährlich ansteigende monatliche Rente von 400 Mark bezog. Außerdem war sie nach dem Tod ihres Mannes nach Essen gezogen und arbeitete dort im Familiengeschäft mit. Im Juli 1968 verkaufte Elli Hagedorn die Hütte im Sauerland für 12.500 Mark an das Kalkwerk Fretter. Der Abriss der Hütte erfolgte am 28. August 1968. Damit sah sich Elli Hagedorn, inzwischen über sechzig Jahre alt, vor zukunftsweisende Entscheidungen gestellt.

Zusammen mit ihrem Neffen Friedemann Wild, Sohn ihrer Schwester Helene und von Beruf Architekt, handwerklich unterstützt von ihrem Neffen Michael Wild, Schreiner von Beruf, und juristisch beraten von einem Rechtsanwalt aus Attendorn, wagte sie sich schließlich an ein Bauprojekt. Im November 1968 erwarb sie von einem Fritz Kathol, einem ortsansässigen Landwirt, entsprechendes Bauland in Deutmecke, einem 300-Seelen-Dorf bei Fretter. Zunächst war beabsichtigt, ein kleines Wochenendhaus auf dem Grundstück zu errichten. Im Einverständnis mit Elli Hagedorn entschloss sich Friedemann Wild für den Bau eines Hauses, das den Raumbedürfnissen einer vierköpfigen Familie entsprach. Die Baukosten und das Finanzierungsvolumen stiegen dadurch von den ursprünglich vorgesehenen 25.000 Mark für das Wochenendhaus auf über 350.000 Mark für das zum Teil in Eigenleistung errichtete Eigenheim der Familie Wild, in dem Elli Hagedorn ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt werden sollte. Für den Grundstückskauf und den Ausbau des Hauses leistete Elli Hagedorn Zahlungen von mehr als 82.000 Mark. Nach dem Unfalltod von Friedemann Wild  geriet sie in einen Rechtsstreit mit der Witwe des verstorbenen Neffen. Nach langwierigen Verhandlungen, in denen für Elli Hagedorn auch der Essener Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Reiniger tätig wurde, wurde ihr im Oktober 1981 eine Entschädigung in Höhe von 35.000 Mark zuerkannt. Damit war für Elli Hagedorn das Kapitel Sauerland endgültig abgeschlossen.

Leben in Essen

Wie schon erwähnt, verzog Elli Hagedorn schon bald nach dem Tod ihres Mannes nach Essen. Der genaue Zeitpunkt, zu dem sie Fretter verlassen hat, ist nicht bekannt. In Essen- Stadtwald lebte sie zusammen mit dem Vater, den Schwestern Maria, Fini, Klara und dem Bruder Rudi. Sie arbeitete in dem von Bruder Rudi geführten Geschäft „Samen Schmidt“, ab 1979 allerdings altersbedingt und wegen eines Augenleidens (grüner Star) nur noch halbtags. Außerdem kümmerte sie sich um den Nachlass ihres Mannes. Bis in die achtziger Jahre nahm sie an vielen Veranstaltungen teil, die dem Andenken ihres verstorbenen Mannes und dem Erhalt der niederdeutschen Mundart galten. Elli Hagedorn starb am 22. Januar 1996 im Alter von 91 Jahren. Sie wurde auf dem Neuen Friedhof am Wechselpfad in Heisingen beigesetzt. Im Nachruf der Borbecker Nachrichten nannte man sie „Hüterin des literarischen Erbes“ ihres Mannes. (FJG)

Quellen:
Briefe von Elli Hagedorn an Hermann Hagedorn aus dem KLV-Lager 1941/42. (Privatarchiv Gründges).
Gründges, Franz Josef: Biografie von Hermann Hagedorn. Unveröffentlichtes Manuskript [o.D.]. (Privatarchiv Gründges).
Dokumente und mündliche Informationen von Vera Eggebrecht, Nichte von Ella Hagedorn (o.D.).
Nachruf in Borbecker Nachrichten vom 25. Januar 1996.

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