Hans-Gipmann-Haus

Wer aus Borbeck kommend vom Weidkamp in die Levinstraße und von dort nach einigen hundert Metern in die Straße Gerscheder Weiden einbiegt, stößt dort auf ein altes rotes Backsteingebäude – das Hans-Gipmann-Haus. Das Haus wurde benannt nach Hans Gipmann, einem aus Gerschede stammenden Mitglied der Dellwiger Arbeiterwohlfahrt (AWO). Es ist seit 1985 eine Begegnungs- und Bildungsstätte der AWO Dellwig im Verbund mit der AWO-Kita Levinstraße und führt seit 2007 die Bezeichnung Familienzentrum NRW. Im Hans-Gipmann-Haus gibt es Angebote für Jung und Alt (u.a. Seniorenklub, Familienkreis, Gymnastikkurs).

Das Gebäude hat eine lange Geschichte, die von Andreas Koerner ausführlich rekonstruiert worden ist. Demnach machte die steigende Bevölkerungszahl in Borbeck gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Einrichtung neuer Schulen erforderlich. Dies führte im August und September 1883 zum Beschluss des Borbecker Gemeinderats, in Gerschede eine Schule zu errichten. Im November 1883 unterschrieben Bürgermeister Rudolf Heinrich und der Bauunternehmer Johann Pothmann einen Vertrag „betreffend Neubau einer dreiklassigen Volksschule in Gerschede.“

Nach der Bauabnahme im September 1884 wurde die katholische Schule Gerschede am 18. November 1884 eröffnet. Zum Schulleiter wurde der Hauptlehrer (Rektor) Johann Bäcker ernannt. Er leitete die Schule bis 1912. Im Schuljahr 1885/86 wurden 269 Kinder (138 Jungen, 131 Mädchen) in drei Klassenräumen (je 62 qm) von drei Lehrkräften unterrichtet. Wegen der ständig steigenden Schülerzahlen musste schon ein Jahr später ein Anbau errichtet werden. In den 1920er-Jahren stieg die Schülerzahl auf über 400. Der letzte Rektor der katholischen Schule war von 1931 bis zur Auflösung der Schule 1937/38 Friedrich Konrath.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden das Schulgebäude und der dahinter liegende Luftschutzbunker als Rettungsstelle des SHD genutzt (Sicherheits- und Hilfsdienst bei Schäden durch Luftangriffe). Im Bunker standen Operationssäle für Dr. Clemens Schmeck aus Dellwig und Dr. Weber aus Unterfrintrop zur Verfügung.

Nach dem kriegsbedingten Leerstand zog 1946 die evangelische Hilfsschule Gerschede in das Gebäude in der Weidenstraße 72 ein, auch Pausmühlenschule genannt. Kurz zuvor war die Schäferdieckschule, die das alte Schulgebäude vorübergehend genutzt hatte, von der Weidenstraße an ihren eigentlichen Standort in der Donnerstraße 139 zurückverlegt worden. Ab 1948 firmierte die Gerscheder Hilfsschule unter der Bezeichnung katholische Hilfsschule. Schulleiter war bis 1960 Heinrich Voß. Ihm folgte der Sonderschulrektor Fischer.

Um 1950 wurden hier in fünf Klassenräumen mehr als 120 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Am 22. September 1965 fand eine Ortsbesichtigung mit Schulrat Möllenbeck und Vertretern des Hochbauamtes statt, bei der festgestellt wurde, dass der schlechte bauliche Zustand der Pausmühlenschule umfassende Renovierungsarbeiten erfordere. Eine unmittelbare Einsturzgefahr bestand offenbar nicht, dennoch schlug man vor, die Schule zu schließen und in das Gebäude im Weidkamp 272 zu verlegen (früher Vogelheim II). Zuletzt nutzte die Schulverwaltung das Gebäude als Möbellager. (FJG)

Quellen: Andreas Koerner: Pausmühlenschule. Die Vorgeschichte des Hans-Gipmann-Hauses. In: Borbecker Beiträge 4/1998, S. 72-74. – Dörte Camara: Ein Blick auf die Geschichte des Hans-Gipmann-Hauses. In: Borbecker Beiträge 1/1999, S. 42. – Homepage der AWO Dellwig-Gerschede.

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