Krupp-Konsum am Leimgardtsfeld

Die Firma Krupp baute für die Werksangehörigen des Hüttenwerks Borbeck eine große Anzahl Häuser in der Stolbergstraße, Leimgardtsfeld, Küppers Garten, Fleuenbruch usw. In den Adressbüchern kann man das nachvollziehen, wenn man dort von folgenden Berufen liest: Former, Schmelzer, Gießer, Walzer, Gusshauer, Stahlschleifer usw. Den Abschluss bildete 1930 der Bau einer Konsumanstalt an der Ecke Leimgardtsfeld Ecke Stolbergstraße. Nach einem Zeitungsbericht von 1930 sollte es ein Laden werden „nach der Art des Essener Bazars in der Oststraße“.

Noch in den 30er Jahren zog ein besonderer Mieter in diesen Bau: die evangelische Kirchengemeinde. Sie hatte Raumbedarf für Gottesdienste und andere gemeindliche Veranstaltungen. Ab 1921 wurden Gottesdienste in der Bergmühlenschule in der Weizenstraße abgehalten. Evangelische Vereine trafen sich im Ledigenheim der Zinkhütte in der Zechenstraße 31. Der Raum wurde Herdersaal genannt. Der Saal im Kruppschen Konsum wurde Kruppsaal genannt. Ernst Schmidt berichtete:

„Zentrum des evangelischen kirchlichen Lebens im Borbecker Pfarrbezirk, in dem ich wohnte, war der Kruppsaal, ein als Kirche eingerichteter Ladenraum des Krupp-Konsums an der Ecke Stolbergstraße und Leimgardtsfeld. Mitte der dreißiger Jahre besuchte ich mit einigen Schulfreunden regelmäßig die Jugendbibelstunde. Neben der Bibelarbeit waren die Stunden immer ausgefüllt mit Spielen und interessanter Unterhaltung. Die niedrigen, nur spärlich beleuchteten Lagerkeller unter dem Kruppsaal, in denen wir uns häufig zusammensetzten, schufen eine Atmosphäre wie wir sie uns wünschten: ein Hauch von Romantik und Verschwörertum. Hier saßen wir im Kreis zusammen, lasen aus einem Buch, besprachen einen Bibeltext oder sangen Lieder. Gut erinnere ich mich noch an jene Stunden, in denen man uns die Jungengeschichte „Die schwarze Hand“ vorlas. Zum Schluss sangen wir oft ein Lied, in dem es in einer Strophe hieß:

Geusen sind wir geheißen, evangelische Jungenschaft.
Wir stehen treu zusammen, und Gott gibt uns Mut und Kraft.“
(aus: Ernst Schmidt: Lichter in der Finsternis. Frankfurt 1979, S. 128)

1943 fiel wegen Bombenschäden der Kruppsaal für Gottesdienste aus, aber schon 1946 konnte er wieder in Betrieb genommen werden - im Gegensatz zur Matthäuskirche, die erst 1953 wieder aufgebaut war. 1956 wurde zusammenfassend berichtet: „Seit etwa 25 Jahren werden - mit einer kurzen Unterbrechung seit Ende des Kriegs - nicht nur sonntäglich 3 Gottesdienste in einer Filiale der Kruppschen Konsum-Anstalt abgehalten, sondern das gesamte kirchliche Leben (Trauungen, Taufen, Gemeindebibelstunden, Männer- und Frauenkreise, Jugendarbeiten, Kirchenchor, der gesamte kirchliche Unterricht an über 250 Kinder) muss sich in diesen für Geschäftszwecke errichteten Räumen abwickeln. Man hatte damals nur an eine vorübergehende Notlösung gedacht, jedoch keineswegs daran, dass sich dieser Zustand über Jahre und Jahrzehnte erstrecken könnte.

Die Verhältnisse im Dritten Reich, der Krieg und die Nachkriegsjahre machten immer wieder alle Anstrengungen illusorisch und das inzwischen gesammelte Geld ging durch die Währungsreform verloren. (100 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Essen-Borbeck, 1956, S. 2) Anfang 1958 war es so weit: Man nahm Abschied vom Kruppsaal und zog in die neue Dreifaltigkeitskirche schräg gegenüber. (1958, Nr. 1 „Abschied vom Kruppsaal“, Borbecker Nachrichten)

Den Krupp-Konsum hatte es dann wieder dort gegeben. Man konnte dort leckeres Roggenbrot geschnitten und abgepackt für 69 Pfennig kaufen. Ab 1. Januar 1974 hatte Krupp den Konsum an die Coop-AG verkauft. Die Coop-AG machte bald Pleite. Eine Videothek zog ein. Jetzt ist dort ein türkischer Lebensmittelladen namens „Sefa Market“ drin. Außerdem die Firma Convivio Immo (Rainer Wrubbel), die diese Siedlung des Hüttenwerks Borbeck übernommen hat. Außerdem die tanzschule-essen.de (Markus Jöhri). Auch ein Internist hat dort seine Praxis. Am 13. September 1990 wurde dieses markante Eckhaus in die Denkmalliste der Stadt Essen eingetragen.

(Andreas Koerner)

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