Maria Clara von Spaur

Fürstäbtissin 1614-1644

Maria Clara wurde um 1590 geboren. Sie stammte aus einer Tiroler Adelsfamilie, deren Schwerpunkt im heutigen Trentino lag. Die Grafschaft bestand aus den drei Lehen Spaur, Pflaum und Vallier. Ihre Eltern sind Leo Freiherr von Spaur, Pflaum und Vallier und Juliane Barbara Gräfin Federici.

Maria Clara von Spaur war in mehreren Stiften vertreten. 1600 wurde sie im Stift Buchau aufgenommen. Am 12. Dezember 1607 erhielt sie in Essen eine Präbende und wurde im Tochterstift Rellinghausen als Pröpstin geführt. 1611 übernahm sie in Essen das Amt der Dechantin. 1612 wurde sie im Stift Vreden als Stiftsdame zugelassen und setzte sich dort bei der Dechantinnenwahl gegen die vom Essener Stadtrat unterstützte reformierte Bewerberin Felicitas von Eberstein durch. 1614 wurde sie zur Äbtissin des Damenstifts Nottuln gewählt– mitten im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit von hoher politischer Brisanz.

Im gleichen Jahr – unterstützt von Kaiser Matthias und dem Kölner Erzbischof – erfolgte ihr Wahl zur Äbtissin in Essen. Das löste in der damals vorwiegend protestantischen Stadt keine Begeisterung aus. Bei ihrem feierlichen Einzug in die Stadt am 14. Oktober 1614 musste Maria Clara von einer spanischen Reiterei eskortiert werden. Dabei kamen zwei Essener Bürger zu Tode. Die Äbtissin, die die Kapuziner und Jesuiten sehr unterstützte, erließ 1616 und 1624 restriktive Religionsordnungen.

Nach ihrem Amtsantritt im Essener Stift 1614 gingen die unter ihrer Vorgängerin begonnenen Kompetenzstreitigkeiten zwischen katholischer Äbtissin und protestantischer Pröpstin weiter. Maria Clara wollte das Amt der Pröpstin stärker als bisher in die Stiftshierarchie einbinden. 1621 verlangte Maria Clara von der Pröpstin Johanna Helena von Staufen, die 1616 als katholische Gegenpröpstin durch päpstliche Provision eingesetzt worden war, die Ableistung eines Eides, der die Pröpstin zu Treue und Gehorsam gegenüber der Äbtissin verpflichtete. Eben diese Johanna Helena von Staufen führte 1624 vor dem Nuntius in Lüttich Klage gegen Maria Clara von Spaur, weil diese ein Gebäude im Stift Essen, das zur Residenz einer Pröpstin gehörte, für sich beanspruchte. Ärger gab es zudem wegen der Verfügungsgewalt über Güter der Propstei. Schließlich wurde 1638 eine aus zwölf Punkten bestehende Wahlkapitulation eingeführt, durch die die Rechte der Pröpstin stark eingeschränkt wurden. War die Pröpstin bisher nur dem Damenkapitel verpflichtet, so musste sie nun durch den Gehorsamseid von 1621 den Ansprüchen der Äbtissin Folge leisten.

Die äußeren Umstände der Verpflichtung einer neuen Pröpstin im Jahre 1638 sind bezeichnend für die latente Rechtsunsicherheit und den absolutistischen Machtanspruch der Fürst-Äbtissin Maria Clara. Diese hatte wegen der kriegsbedingten unsicheren Lage das Stift Essen bereits 1629 verlassen (die spanischen Truppen hatten sich aus Essen zurückgezogen) und führte ihre Regierungsgeschäfte vom Zisterzienserinnen-Koster Mariengarten in Köln aus. Die Stiftsdamen waren längst zu Verwandten gezogen oder hielten sich in anderen Stiften auf.

Daher wurde zum ersten und einzigen Mal die Wahl einer Amtsträgerin des Stifts außerhalb von Essen durchgeführt. Am 26. November 1638 fand unter dem Vorsitz des päpstlichen Nuntius die Wahl der Pröpstin durch vier Stiftsdamen statt. Davon waren drei anwesend. Ihre Wahl fiel auf Anna Salome von Salm-Reifferscheidt. Schon bald gerieten Pröpstin Anna Salome und Äbtissin Maria Clara wegen des eigenmächtigen Vorgehens der Äbtissin in einen erneuten Kompetenzstreit. Maria Clara hatte ohne Wissen der neuen Pröpstin das Archiv des gräflichen Damenkapitels aus dem Haus der Amtsvorgängerin entfernen und nach Köln bringen lassen. Einmal noch kam Maria Clara, geschützt von katholischen Truppen, für einen Kurzaufenthalt nach Essen, um die Kanzel in der protestantischen Kirche St. Gertrudis auszupeitschen, damit dort wieder die katholische Messe gelesen werden konnte.

In Nottuln wurde die Bewerbung von Maria Clara von Spaur, damit ja nichts schiefging, äußerst gründlich vorbereitet. Am 14. Januar 1614 bezeugte der Lic. Johann Morrien aus Dortmund die standesmäßige Abstammung der Bewerberin und versicherte, dass die Grafen von dem Bergh die Bewerbung der Maria Clara unterstützen würden. Außerdem bezeugte er, dass Maria Clara „24 Jahre alt, begabt und reifen Verstandes, gutherzig, gottesfürchtig, im Chorgesang geübt und mitleidig gegen Arme“ sei. Schließlich wurde das Kapitel durch Drohungen und Versprechungen aus Münster massiv unter Druck gesetzt. Man gab zu verstehen, dass der Kölner Erzbischof und Bischof von Münster, Ferdinand von Bayern, wünsche, dass eine katholische und qualifizierte Person „ohne tumult oder confusion“ postuliert oder gewählt würde, andernfalls erfolge keine Bestätigung der Wahl. Damit nicht genug: Ferdinand von Bayern schickte zur Sicherheit zwei Kommissare nach Nottuln, den Domherrn Gottfried von Droste-Vischering und den Generalvikar Johannes Hartmann.

Am 24. Februar 1614 versprach Maria Clara, im Falle ihrer Wahl die Wahlkapitulation ihrer Vorgängerin anzuerkennen. Die Wahl am 8. März 1614 in Abwesenheit von Maria Clara verlief dann wie erwartet störungsfrei und erfolgte einmütig. Am gleichen Tag nahm die neugewählte Äbtissin die Wahlkapitulation an. Die bischöfliche Bestätigung erfolgte am 19. Mai 1614. Der feierliche Amtsantritt fand am 24. Juni 1614 statt.

In Nottuln hielt sich die Äbtissin nur selten auf. Bis zu ihrem Tod lebte Maria Clara im Kloster St. Margareten in Köln. Hier starb sie am 14. Dezember 1644. Sie hinterließ kein Testament, hatte aber vor ihrem Tod bestimmt, ohne großen Aufwand in der Kapuzinerkirche bestattet zu werden. Auch sollte ihre sämtlichen Schulden und rückständigen Gehälter bezahlt werden. Die feierlichen Exequien fanden schließlich am 20. Januar 1645 in der Nottulner Stiftskirche statt. (FJG)

Quellen: Wilhelm Kohl: Das (freiweltliche) Damenstift Nottuln. Germania Sacra N.F. 44. Berlin/New York 2005. – Ute Küppers-Braun: Frauen des hohe Adels im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen (1605-1803). Münster 1997.

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