Pomp, Horst

„Erst wenn Umwelt Geld kostet und man mit Umwelt Geld verdienen kann, wird sich etwas ändern, keinen Tag eher.“ Diese Äußerung hat Horst Pomp seinem Bruder, der in der chemischen Industrie reüssierte, lange nicht geglaubt. Inzwischen ist er zu der Erkenntnis gelangt: „Heute sehe ich, mein Bruder hat recht. Aber es muss auch solche Idioten wie mich geben.“

Die Selbstbezeichnung „Idiot“ spielt auf die Zeit an, in der der Arzt Dr. Horst Pomp mit seinen Anschauungen, Ideen und Projekten im Bereich des Umweltschutzes nicht ernst genommen wurde und als „Spinner“ galt.

Es ist der Mann, der 1993 vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management den B.A.U.M.-Umweltpreis für ausgezeichnetes Engagement für Umwelt und nachhaltige Entwicklung erhielt und damit zum Kreis von Persönlichkeiten um Reinhold Messner und Albert II. von Monaco zählen darf, Preisträger 2008 bzw. 2009.

Es ist der Mann, der 1989 das Bundesverdienstkreuz und 2003 in Würdigung seiner umweltmedizinischen Verdienste mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde und im gleichen Jahr den Rheinlandtaler erhielt. Es ist derselbe Mann, dem der Naturschutzbund 2014 die silberne Ehrennadel verlieh.

Wie kann ein so ausgezeichneter und verdienstvoller Mensch ein „Idiot“ oder „Spinner“ sein? Um diese Frage zu beantworten, muss man weit in die Lebensgeschichte von Horst Pomp und die deutsche Umweltgeschichte zurückblättern.

Horst Pomp kam am 3. Mai 1935 in Hamburg zur Welt und verbrachte die ersten Lebensjahre in Cuxhaven. Nach Abschluss des Medizinstudiums und ersten Jahren als Krankenhausarzt zog Horst Pomp im Januar 1971 mit seiner Familie aus dem hohen und hellen Norden ins „dunkle“, luftverschmutzte Ruhrgebiet. Das kann man eine Fügung nennen, denn hier fand der junge Mediziner als Chefarzt der Gynäkologischen Klinik des Evangelischen Bethesda-Krankenhauses in Essen-Borbeck (bis 1993) genügend Anreize für sein umweltpolitisches Bewusstsein, das ihn fortan leiten sollte.

Die Wohnung war noch nicht fertig eingerichtet, da war Horst Pomp schon in die Dellwiger Interessengemeinschaft gegen Luftverschmutzung eingetreten, die der Arzt Dr. Schmeck ins Leben gerufen hatte. Ein Jahr später gehörte er zu den Mitbegründern der Essener Aktion gegen Umweltzerstörung, deren Vorsitzender er viele Jahre blieb, und war auch (1994) Gründungsmitglied des Runden Umwelttisches Essen (RUTE).

Er war 2010 Mitbegründer der Solargenossenschaft Essen und des Trägervereins „NABU Natur- und Jugendzentrum Voßgätters Mühle“ in Essen-Borbeck, dessen Vorsitzender er von 2010 bis 2014 war.

2010 setzte er für seine alte Schule, das Amandus-Abendroth-Gymnasium in Cuxhaven, einen Preis in Höhe von 1.000 € für einen Schülerwettbewerb um die besten Energiesparideen aus. Den ersten Preis gewann ein Schüler mit seinem Vorschlag, in den Klassenräumen Thermometer aufzuhängen und neue Thermostate an den Heizungen anzubringen. (Cuxhavener Nachrichten v. 29.09.2010).

2011 beendete Horst Pomp nach 35 Jahren seine Mitarbeit im Beirat der Unteren Landschaftsbehörde.

Im November 2015 pflanzten einige Weggefährten ihm zu Ehren auf dem Helmesberg in Essen-Werden eine Stieleiche. Auf diesem Berg waren einst eine Wohnbebauung und die A31, der sog. „Ostfriesenspieß“ geplant. Horst Pomp und seine Mitstreiter hatten sich erfolgreich gegen die Verwirklichung der Pläne zur Wehr gesetzt.

Was Dr. Pomp alles mit „seinem“ Krankenhaus in ökologischer Hinsicht angestellt hat, ist beispiellos. Er hat einiges davon in dem Artikel „Ökologie/Umweltschutz im Krankenhaus“ zusammengefasst, der 1999 im „Handbuch für Krankenhaus-Management“ veröffentlicht worden ist. Die taz widmete ihm schon 1991 einen längeren Artikel mit der Schlagzeile „Der Doktor, der den Müllberg bezwingt“. Darin wurden Dr. Pomps Initiativen, Maßnahmen und Projekte detailliert beschrieben. Der „unorthodoxe Pragmatiker“, wie ihn die Verfasserin des Artikels nannte, Chefarzt im „wohl gesündesten unter den konventionellen Krankenhäusern“, schaffte es u.a., zwei Prozent des Krankenhaus-Etats einzusparen, ohne Hygiene oder Arbeitsbedingungen zu beeinträchtigen. Zu seinen Ideen gehörten die Spülmaschine mit Wärmerückgewinnung, der Einbau von Sonnenkollektoren auf den Klinikdächern, die „Patienten-Bar“ auf den Stationen mit frischem Mineralwasser aus dem Wasserkran, der Verzicht auf umweltschädliches Medizingerät, Einsatz von Mehrweg-Artikeln und vieles mehr.

Dr, Horst Pomp ist ein Essener Umweltaktivist der ersten Stunde. Er hat im Kampf um eine saubere Umwelt zu keinem Zeitpunkt nachgelassen. Sein damals fünfjähriger Sohn soll nach der Ankunft der Familie in Essen gesagt haben, dass er gerne ein Engel wäre, weil er dann die Sonne sehen könne. Der Vater hat sich viel Mühe gegeben, den Wunsch des Sohnes zu erfüllen. Auf seine zuweilen skurrile Art begründete der mit über 80 Jahren immer noch unermüdliche Dr. Pomp seine nicht nachlassende Aktivität für den Umweltschutz:

„Ich studiere morgens in der Zeitung die Todesanzeigen. Wenn ich nicht drinstehe, fange ich an zu arbeiten.“

Dass Horst Pomp angesichts solcher Umtriebigkeit und Arbeitsfreude Mitglied des Borbecker Bürger- und Verkehrsvereins und des Kultur-Historischen Vereins Borbeck gewesen ist, ist fast schon selbstverständlich.

Anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes schenkte der Kultur-Historische Verein seinem Vereinsmitglied ein Apfelbäumchen. Dr. Pomps handschriftliche Antwort mag das Biogramm eines außergewöhnlichen Menschen beschließen:

„Für Ihre lieben Glückwünsche möchte ich mich recht herzlich bedanken. Das Apfelbäumchen wird für mich Mahnung und Ansporn sein. So wie es durch den trockenen Sommer gekommen ist, so werden noch manche ‘dürstende‘ Umweltjahre vor uns allen liegen.“

Wie Recht der „Idiot“ und „Spinner“ – leider – hatte!

FJG

Quelle: Andreas Koerner: Dr. Horst Pomp, ein Kämpfer für die Umwelt. In: Borbecker Beiträge 2(2019), S. 102-105. – Artikel „Der Doktor, der den Müllberg bezwingt“. In: die tageszeitung vom 21.05.1991. – Artikel vom 12.11.2015 in DER WESTEN - https://www.derwesten.de/staedte/essen/eine-eiche-zu-ehren-von-horst-pomp. (Abgerufen am 21.07.2020).

Unten: Horst Pomp, Rolf Roskothen und Clemens Schmeck: Umweltschutz — auch Sache der Ärzte, in: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 45 vom 12. November 1982, 79. Jahrgang, Ausgabe B

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