Blick in die Nachbarschaft: Neue Kirche Bottrop-Boy

0 15.01.2021

BOY. Sie gilt als „spektakulär“, „bistumsweit bislang einzigartig“, eine aktuelle Kirchenbaustelle in der Nachbarschaft. Nur gut drei Kilometer von Vogelheim nach Norden - und man ist da: In Boy, dem östlichsten der 17 Stadtteile von Bottrop. Das an der Boye liegende „Dorf“ grenzt an Batenbrock, Eigen, Welheim, im Osten an Gladbeck und es stellt noch heute ein starkes Selbstbewusstsein unter Beweis. Das zeigt auch die wechselvolle Geschichte der Gemeinde um die St. Johanneskirche, die auf eine fast 800-jährige Geschichte zurückgeht.

Kirche auf bewegtem Untergrund

Die Wurzel kirchlichen Lebens liegt hier in der Kapelle von Schloss Welheim, das 1230 dem Deutschen Orden übergeben wurde. Die kleine Kirche in der 1254 gegründeten und heute vollständig abgerissenen Kommende des Ritterordens wurde nach Kriegszerstörungen 1643 neu errichtet, doch ab 1850 und mit der Eröffnung des Bergwerks Prosper II viel zu klein. Ab 1896 entstand die neugotische St. Johanneskirche, die der II. Weltkrieg in Trümmern zurückließ. In der schnell errichteten Notkirche entschloss man sich für den Wiederaufbau in vereinfachter Form. 1950 wurde neu eingeweiht, 1962 kam ein freistehender Glockenturm dazu. Wie schon in den 1920er Jahren traten aber immer wieder Bergschäden auf und im Oktober 1966 zerriss während der Messe eine der eingezogenen Sicherungsstangen mit lautem Knall. Ein Jahr später war der rechte Teil der Kirche abgesackt, überall gab es Risse – auch mit freier Sicht nach draußen. 1969 war die Schließung durch die Bottroper Bauaufsichtsbehörde unausweichlich und der Kirchenvorstand beschloss einen kompletten Neubau. 1973 wurde die heutigen St. Johannes-Kirche mit ihrem sechseckigen Grundriss eingeweiht, die Kirchenfenster entwarf Nikolaus Bette, der später auch für die Fenster der St. Dionysiuskirche in Borbeck arbeitete.

Idee für „Alles unter einem Dach“-Variante

Vor vier Jahren, 2016, stand plötzlich eine völlig neue Idee im Raum: Das benachbarte „Schutzengelhaus“, Treffpunkt für Ehrengarde, Messdiener, Kolping, Gremien, Gruppen und Verbände, war in die Jahre gekommen. Jetzt brachte Diözesanbaumeister Thomas Tebruck eine Überlegung für eine „Alles unter einem Dach“-Variante ins Spiel, Pfarrer Martin Cudak war gleich Feuer und Flamme. Trotz heftigem erstem Widerstand haben sich inzwischen die Bedenken gegen die „2 in 1“-Lösung weitgehend gelegt, Mitte März soll der Umbau der St.-Johannes-Kirche abgeschlossen sein. Während gut die Hälfte des sechseckigen Grundrisses weiter Kirche bleibt, entsteht dabei auf der restlichen Fläche ein neues Haus im Gotteshaus: Zwei Gruppenräume, Küche, Toiletten und zwei Säle – ein neues, zweistöckiges Gemeindeheim. Bei großen Messen kann die nun kleinere Kirche zum Saal hin erweitert werden. Die neue Wand zwischen Kirche und Gemeindeheim lässt sich wie ein Scheunentor nach links und rechts aufschieben, und die Säle gehören wieder zur Kirche, die zudem jetzt mehr Licht gewinnt.

Passgenaue Technik für Online-Gottesdienste

In den nächsten Tagen wird die Orgel nach grundlegender Reinigung wieder eingebaut, der Altar kommt zurück, die Sitzbänke werden gekürzt und der neuen Kirchengröße angepasst. 170 Plätze werden künftig – ohne Corona-Beschränkungen – im eigentlichen Gottesdienstraum zur Verfügung stehen, die bei Bedarf um rund 80 weitere im Gemeindeheim erweitert werden können. Am 14. März soll dort Bischof Franz-Josef Overbeck die erste Messe nach dem Umbau feiern – wie, ist unter Corona-Bedingungen derzeit noch offen. Aber die Kirche wäre sogar auf einen Online-Gottesdienst vorbereitet: Für aufwändige Licht- und Tonelektronik wurde beim Umbau die passgenaue Technik gleich mitinstalliert – gesponsert vom Innovationsfonds des Bistums. Zudem bekommt die Kirche eine neue, dimmbare Beleuchtung. Die Kosten des Umbaus der St.-Johannes-Kirche von rund 1,5 Millionen Euro werden zu zwei Dritteln von der Pfarrei getragen, etwa ein Drittel trägt das Bistum Essen. Und mancher Verantwortliche in anderen Pfarreien auf dem Breitengrad wird sich dieses Modell sicher mal genauer anschauen: Neue Ideen für den Erhalt gottesdienstlicher Standorte in der ehemaligen Boom-Region sind derzeit immer gefragt.

cb/tr

Bilder oben und unten: Baustelle in der St.-Johannes-Kirche, Foto: Nicole Cronauge | Bistum Essen;
weitere Impressionen im Bild auf der Internetseite der Pfarrei St. Johannes

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