Borbecker Kirchenbücher jetzt digital

Historische Kirchenbücher des Bistums Essen sind jetzt online erforschbar 

0 06.02.2024

BORBECK. „Kath. Pfarre Essen Borbeck, St. Dionysius, Dekanat Essen-Borbeck, Erzbistum Köln, Kreis Essen-Stadt, Reg, Bez. Düsseldorf“ steht aus späteren Zeiten vorne drin. In der ersten Oktoberwoche 1675 sind die ersten Kinder von Familie Hopmann verzeichnet, von den Familien Krafft, Pluger, Pollerbeck, Overbeck, Schröer und Wegmann - sie alle sind mitsamt Daten und Paten von Pastor Johannes Adolphus Greuter in blasser Tinte sorgfältig notiert. Und jetzt ist alles kostenlos und online auf https://bistum.ruhr/kirchenbuecher lesbar: Das Bistum Essen hat heute die Kirchenbücher aus acht Essener und vier Duisburger Pfarreien zugänglich gemacht.

Erste Seiten aus dem Taufregister von St. Dionysius für das Jahr 1675

Viele alte Familiennamen finden sich in dem ältesten Band der Tauf-, Heirats- und Sterberegister aus Borbeck wieder, das zur Regierungszeit von Anna Salome von Salm-Reifferscheidt (1646-1688) entstand – hier sind alle gleich, ob kleine oder dicke Bauern, Tagelöhner, Handwerker und Adelige. Eine Zeitspanne von fast zwei Jahrhunderten umfassen die jetzt digitalisierten 24 Bände aus der Borbecker Mutterpfarre - der letzte Taufeintrag datiert vom 27. Dezember 1865, die letzte Heirat von 1900 und der letzte Sterbefall von 1913. Sind die ersten Bände mit ihren mehr oder weniger schwungvollen Eintragungen noch eher mit einigen Schwierigkeiten und nur mit ein paar Lateinkenntnissen zu entziffern, so weicht die Buchführung spätestens um die Wende zum 19. Jahrhundert klar strukturierten Vordrucken, in die durch die Pfarrer alle Angaben säuberlich eingetragen sind. Wie im Original kann man sich nun Seite für Seite durch die digitalen Kirchenbücher blättern. Damit müssen Menschen, die Familiengeschichten im Ruhrgebiet erforschen, nun nicht mehr unbedingt persönlich ins Bistumsarchiv in Essen-Kray kommen.

Das ist Jennifer Berg zu verdanken. Die Archivarin leitet das Projekt, in dessen Rahmen nach und nach alle Kirchenbücher im Bistumsarchiv digitalisiert und dann auch online verfügbar gemacht werden. Angesichts von derzeit rund 820 verschiedenen Kirchenbüchern im Archiv hat sich Berg für dieses Digitalisierungsprojekt mit der Erkelenzer Firma Novodoc Imaging professionelle externe Hilfe geholt. Die Firma scannt die historischen Akten und stellt die Fotos in einer so großen Auflösung zur Verfügung, dass sich Nutzerinnen und Nutzer die digitalen Kirchenbuch-Seiten auf dem Bildschirm problemlos vergrößern können. Insgesamt umfassten die digitalisierten Kirchenbücher „grob den Zeitraum von der Mitte des 17. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts“. Danach setzen Datenschutzfristen ein: Je nach Art der Einträge dürfen Kirchenbücher erst 120 Jahre nach der letzten eingetragenen Taufe oder 100 Jahre nach der letzten Hochzeit oder dem letzten Todesfall veröffentlicht werden.

Buchwidmung zu Ehren der Fürstäbtissin Maria Cunegunda, Kgl. Hoheit von Polen und Litauen etc., aus: Taufen, Trauungen, Sterberegister von St. Dionysius 1782-1803

Ohnehin sind jedoch vor allem die älteren Kirchenbücher für Forscherinnen und Forscher von großer Bedeutung. Denn ab 1798 wurde in den von Napoleons Truppen besetzten Rheinprovinzen die verpflichtende Zivilehe eingeführt – eine Idee, die nach und nach auf alle deutschen Länder überging und 1876 schließlich Gesetz im ganzen Deutschen Reich wurde. Damit wechselte auch die Protokollierung dieser Verbindungen vom Pfarrer zum Standesamt, wo heute alle Personenstands-Themen verzeichnet sind. Umgekehrt sind für alle Zeiträume vor der Gründung des Deutschen Reichs vielerorts die Kirchenbücher die einzigen Auskunftsquellen zu allen Fragen, wer wann und wo mit wem zusammengelebt hat.

Derzeit läuft die Digitalisierung weiterer Duisburger Kirchenbücher, danach sind Akten aus Oberhausener Pfarreien an der Reihe. Auch wenn das Einscannen und Onlinestellen mittlerweile zügig vonstattengeht, müssen Berg und das Team des Bistumsarchivs nicht fürchten, schon bald keinerlei Besuch mehr in Essen-Kray zu empfangen. Im Gegenteil: Wer Informationen aus einem noch nicht digitalisierten Kirchenbuch sucht, das im Bestand des zentralen Bistumsarchivs ist, kann bei Jennifer Berg einen Termin zur Einsichtnahme vereinbaren. Hierhin haben viele – aber nicht alle – Pfarreien im Bistum Essen ihre Kirchenbücher zur Verwahrung gegeben. Derzeit hat das Archiv rund 820 Kirchenbücher, nach und nach werden zudem weitere Pfarrei-Bestände übernommen. Alle historischen Kirchenbücher gehen nach und nach in die Digitalisierung und sind dann auch online abrufbar. Es wird jedoch immer Lücken im Bestand der Kirchenbücher geben – unter anderem, weil im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Kirchenbücher verbrannt sind. Auf https://www.bistum-essen.de/info/bistum/bistumsarchiv/ informiert das Archiv über sein Angebot und stellt dort detailliert dar, welche Kirchenbücher einsehbar sind.

cb
Bild oben: Jennifer Berg, (c) Nicole Cronauge, Bistum Essen


Aus: Verzeichnis der Geborenen und Getauften 1803-1817

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