Frieden für alle: Glocken läuten das neue Jahr ein

Auch das Geläut von St. Dionysius fiel Kriegen zum Opfer

1 30.12.2023

BORBECK. In der Nacht zu Neujahr am 1. Januar ist Krach ja üblich: Pfeifend, glitzernd und donnernd regnen die Silvester-Feuerwerke über die Städte, auch wenn diesmal weniger Menschen sagen, dass sie überhaupt eine Rakete kaufen werden, so eine aktuelle repräsentative Umfrage der Bundeswehr-Universität in München. Danach wollen rund 87 Prozent der Befragten in diesem Jahr kein Geld für Feuerwerk ausgeben - 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon abgesehen, dass jedes Jahr auch immer wieder schwere Verletzungen durch unsachgemäßes Zünden und Abbrennen zu beklagen sind: In früheren Zeiten gab es all das zum Jahreswechsel nicht.

„Wem die Stunde schlägt“

Was stattdessen allerdings in der Silvesternacht und auch sonst zu hören war, klang ganz anders: Es kam jahrhundertelang nur von den Kirchtürmen, in denen die Glocken wichtige Funktionen übernahmen. Schon die Bibel und die Römer kannten Glocken, die Kelten sprachen ihnen magische Bedeutung zu und die iroschottischen Mönche, die im 8. Jahrhundert im heutigen Deutschland das Christentum verbreiteten, trugen sie nach dem Vorbild des Hl. Patrick an ihrem Wanderstab. Sie waren zuerst aus Eisenblechen geschmiedet, wurden seit dem 9. Jahrhundert aber auch aus Bronze gegossen.

Rund 200 Jahre später hingen sie in deutlich größeren Versionen in Kirchtürmen, in denen sie mit langen Glockenseilen geläutet wurden. Von dort riefen sie zu Gebet und Gottesdienst, erklangen zum Alarm bei Feuer, warnten ansteckenden Krankheiten und Angriffen, läuteten mit „Sturmläuten“ gegen aufziehende Wetterkatastrophen, aber auch zum Dank für die Verschonung von Viehseuchen oder zum Abschluss von Friedensschlüssen. Zudem gaben sie bekannt, „wem das Glöcklein die letzte Stunde geschlagen hatte“, sie riefen zu Versammlungen und wiesen den Weg. Erst in Verbindung mit der Zeitmessung durch Turmuhren – echte Hightech in ihrer Zeit - schlugen sie auch regelmäßig die Stunde und gaben mit dem Signal zu den Gebetszeiten so für die Bevölkerung in ihrem Umkreis oft die einzige zeitliche Orientierung - zwischen dem Krähen der Hähne und der Zeit, zu der die Hühner ins Bett gingen.

Die Blitzebrecher

Die magische Bedeutung von Glocken hat sich lange erhalten. Und dafür gab es neben dem mächtigen Klang der einsamen Turmbewohner vor allem einen Grund: Man beobachtete, dass sie im meist höchsten Bauwerk der Gegend die Blitze anzogen – ohne dass man irgendetwas von den wissenschaftlichen Hintergründen wusste. Für sein berühmtes „Lied von der Glocke“ wählte Friedrich Schiller als Motto die Beschriftung der Schaffhauser Münsterglocke: „Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango” (deutsch: „Die Lebenden ruf’ ich. Die Toten beklag’ ich. Die Blitze brech’ ich.“). Und so einen Blitzableiter konnte man immer gut gebrauchen.

Bild rechts: Die alten Glocken hingen im Turm der alten St. Dionysiuskirche, der Ur-Pfarre von Borbeck, aus der die anderen Kirchengemeinden hervorgingen. Die Kirche wurde 1860/61 durch den heutigen Kirchbau ersetzt, weil sie viel zu klein geworden war.

Auch die Arbeit der Glockengießer, ein absolutes Expertenhandwerk, ist von vielen Geheimnissen umgeben: Der Guss des glühenden flüssigen Metalls in die Lehmform („Tief gemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt“...) blieb lange mit religiösen Praktiken verbunden. Der gefährliche und entscheidende Vorgang wird bis heute von Gebeten begleitet und begann oft Freitagnachmittags zur Todesstunde Christi. An Feiertagen von Gründonnerstag bis zur Osternacht schweigen darum die Glocken – Grund für die Legende, dass sie in dieser Zeit nach Rom fliegen.

Nicht zuletzt: Fast jede Glocke trägt einen eigenen Namen, denn alle sind nicht nur einem oder einer speziellen Heiligen zugeordnet. Sie werden in einer eigenen Zeremonie feierlich geweiht und namentlich „getauft“. Die oft auch lokal besonders verehrten Namensgeber finden sich mit der Verzeichnung des Gussjahres meist in den dekorativen Verzierungen und Beschriftungen. Im Volksmund erhielten die langlebigen und lauten Klangkunstwerke sogar Spitznamen - so die „Pummerin“ in Wien, der nach dem Hl. Petrus benannte „Dicke Pitter“, die mächtigste freischwingende Glocke der Welt im Kölner Dom, oder der „Big Ben“ in London, der ein Beispiel für die später auch nichtkirchliche Verwendung von Glocken ist. Und nicht nur Schiller oder Victor Hugo mit seinem „Glöckner von Notre Dame“ setzten der Glocke sogar literarische Denkmäler.

Das große „Glockensterben“

Die ungeheuer aufwändige Herstellung von Glocken hatte aber auch ihre Schattenseiten: Das kostspielige Material der großen metallenen Klangkörper war schließlich eine wertvolle Beute und Ressource – wie sich vor allem in Kriegszeiten zeigte. Zuletzt ließen für die beiden Weltkriege in Deutschland fast Hunderttausend Glocken „ihr Leben“, als sie für Geschütze und Munition eingeschmolzen wurden. Schon im Ersten Weltkrieg gingen im Deutschen Reich rund 65.000 Glocken zurück ins Feuer, um aus ihnen neue Waffen für den Krieg zu schmieden.

Nur wenig später wurde das von den Nationalsozialisten ab 1940 befohlene „Glockensterben“ im Zweiten Weltkrieg weiteren rund 45.000 Glocken in Deutschland zum Verhängnis. Fast alle der aus den Kirchtürmen geraubten Geläute wurden in zwei Hüttenwerke in der Nähe des Hamburger Hafens transportiert, wo sie auf einem riesigen Glockenfriedhof gestapelt auf ihr Ende warteten. Für die vollständige Vernichtung jedoch reichten die Kriegsjahre nicht aus: Von insgesamt 90.000 - auch aus den besetzten Ländern - eingezogenen Glocken blieben zuletzt rund 15.000 übrig, allein 10.000 standen etwa nach Kriegsende noch auf dem Glockenfriedhof in Hamburg-Veddel, 2.000 bei den Hüttenwerken Kayser AG in Lünen. Viele waren für immer beschädigt und trugen bleibende Spuren davon.

Alte und neue Dionysius-Glocken

Auch die Glocken in der ältesten Borbecker Kirche St. Dionysius wurden nicht verschont. In ihrem 1861 mit der Kirche neu errichteten Turm hingen die 1636-1675 unter Pfarrer Christoph Kirchmans und seinem Nachfolger gegossenen Bronzeglocken, darunter die zur Wahl von Fürstäbtissin Salome von Salm-Reifferscheidt (1622-1688) von den Lothringer Gießern Mamertus und Johannes Fremy 1646 als Umguss aus einer älteren geschaffene Glocke. Sie hatte einen Durchmesser von 85 cm und zersprang nach der Pfarrchronik 1915.

Die größte, älteste und historisch wertvollste war die Marienglocke, die 1411 in der Amtszeit des Borbecker Pastors und Landdechanten im Stift Essen, Conrad de Nusse aus Duisburg, gegossen worden war. Sie hatte einen Durchmesser von 1,50 m und trug die Inschrift „MILLE QUADRINGENTOS UNDENOS CUM LEGIS ANNOS CONDIDIT APRILI VAS PRESENS GRATIA CHRISTI + ET ONNERE SANCTA MARIA / „Als man tausend vierhundert, dazu elf Jahre las, stellte im April die Gnade Christi die gegenwärtige Glocke her. Zur Ehre der heiligen Maria“).

Noch vor dem ersten Weltkrieg ergänzte die Pfarrei mit großen Mühen ihr Geläut mit neuen weiteren Glocken. Doch die Rohstoffknappheit des fortschreitenden Krieges forderte nun auch von Borbeck ihren Tribut. Auf die Beschlagnahmung von drei der Glocken antwortete die Pfarrei am 22. Juli 1917 mit einer großen Abschiedsmesse, in der von der Predigt bis zur Wandlung durchgeläutet wurde. Anschließend wurden sie aus dem Dionysiusturm geholt und am 25. Juli 1917 abtransportiert – bis auf die offensichtlich älteste, die am 8. Dezember 1916 ebenfalls gesprungen und verstummt war.

Ein letztes Bild: Vor dem Abtransport der drei gerade neu angeschafften Glocken 1917 auf dem Kirchplatz von St. Dionysius

Nach dem verheerenden Krieg und dem Untergang des Kaiserreichs wollte man in Borbeck-Mitte allerdings nicht ohne Glocken bleiben: 1920 stand dazu schon ein Fonds von 10.000 Mark zur Verfügung. Doch für fünf neue Bronzeglocken reichte das bei weitem nicht. Angesichts der Kosten von 500.000 Mark entschied man sich zunächst für Stahlglocken, für die 50-60.000 Mark an Spenden notwendig wurden. (1)

Wieder fallen Glocken dem Krieg zum Opfer

Trotz der großen Einschränkungen der unmittelbaren Nachkriegszeit kehrte man 1921 zum alten Plan zurück. Sechs neue Bronzeglocken wurden feierlich am Dionysiusturm aufgezogen. Die zweitgrößte, die neue „Allerheiligen-Glocke", erinnerte dabei an den nach Dionysius zweiten Pfarrpatron Donatus, der auch auf der Glocke dargestellt wurde. Der aus Rom stammende Katakombenheilige und Soldatenmärtyrer (Festtag 30. Juni) galt als Nothelfer gegen Unwetter, Hagel, Feuerbrunst und Blitzschlag.

Seine Verehrung war durch den Jesuitenorden zur Mitte des 17. Jahrhunderts über Münstereifel in das Stift Essen gekommen. Hier führte 1767 Äbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach (1727-1776) spezielle Donatus-Andachten ein, die es seit Pastor Simon Verhoven (1721-1793) auch regelmäßig in der Borbecker Urpfarre gab. Dem legendären Legionär widmete man eine barocke Darstellung in der Dionysius-Kirche, eine prominent platzierte Figur von ihm zierte auch den 1915 entstandenen prächtigen Hochaltar. Bis in die 1920er Jahre hinein gab es am Nachmittag des dritten Sonntags im Monat eine Andacht zu seinen Ehren. Da man ihm ja besonderen Einfluss auf das Wetter zusprach, trug seine blitzebrechende Glocke nun auch die Inschrift: „Beschütze uns von oben, wenn Blitz und Wetter toben.“

Die über 500-jährige älteste Glocke, die funktionsuntüchtig erhalten geblieben war, wurde 1922 umgeschmolzen, um sie wieder in Betrieb nehmen zu können. Dabei übertrug man die alte Inschrift buchstabengetreu auf den Glockenmantel. Doch nur gut 20 Jahre später erlitt das Geläut dasselbe Schicksal wie das vorige. Die Pfarrchronik hielt fest: „1942, 15.2.: Die Glocken werden in der Woche abmontiert u. zu Kriegsdiensten verwandt. Es bleibt nur die kleine Glocke im Dachreiter.“ Doch – was man nicht vermerkte, um sie vielleicht zu schützen: Auch die historisch wertvollste blieb im Glockenstuhl erhalten. Als aber am 25. Oktober 1944 die Kirche durch Brandbomben schwer getroffen wurde, stürzte auch die Marienglocke in die Tiefe. Da die Kirche fast völlig zerstört war, mussten die Gottesdienste bis 1951 nun in der Kapelle und im Saal des Philippusstifts gehalten werden.

1955: Neue Stahlglocken für Borbeck-Mitte

Nach der Neuweihung der wiederaufgebauten Kirche am 29. April 1951 durch den Kölner Erzbischof, Josef Kardinal Frings, wurden in St. Dionysius erneut Glocken bestellt. Statt zu wertvoller Bronze entschied man sich unter Pfarrer Johannes Brokamp jetzt für ein anderes Material: Im März 1955 trafen die fünf neuen Stahlglocken ein, deren Guss der Bochumer Verein übernommen hatte. Hier die Inschriften der im Turm aufgezogenen Glocken, die mit jeweils individuellen Symbolen auf den Glocken angebracht wurden – sie nehmen Bezug auf bekannte Gebete bzw. Lieder, die Maria und den Heiligen gewidmet sind:

DIONYSIUS-GLOCKE: SANCT DIONYS + O STEH UNS BEI + DASS UNSER GLAUBE STANDHAFT SEI + A. D. 1955

DONATUS-GLOCKE: HEILIGER DONATUS + BESCHÜTZE UNS VON OBEN + WENN BLITZ UND WETTER TOBEN + A. D. 1955

MARIEN-GLOCKE: + BREIT DEN MANTEL AUS + MACH SCHUTZ UND SCHIRM FÜR UNS DARAUS + A. D. 1955

JOSEF-GLOCKE: + SCHUTZPATRON + BITT BEI DEINEM PFLEGESOHN + FÜR UNS ALL AN SEINEM THRON. + A. D. 1955

SCHUTZENGEL-GLOCKE: + SCHUTZENGEL + + MEIN + LASS MICH DIR ANEMPFOHLEN SEIN + A. D. 1955

Eine sechste Glocke hängt im Dachreiter: Ihr Name „Philippus" nimmt Bezug auf den ehemaligen Kölner Erzbischof Philipp Krementz (1819-1899), nach dem auch das benachbarte Katholische Krankenhaus Philippusstift seinen Namen erhielt.

Es lag Schnee, als sich 1955 die Menschen mit dem Kirchenchor vor der Borbecker Dionysiuskirche drängten und die mit Tannengrün geschmückten fünf neuen Glocken geweiht wurden. Gegossen wurden sie beim „Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation“, benannt wurden sie nach dem Pfarrpatron St. Dionysius (Durchmesser 1,80 m, 2.230 kg), dem 2. Pfarrpatron St. Donatus (1,51m, 1.280 kg), der Hl. Maria (1,35 m, 930 kg) und dem Hl. Josef (1,18 m, 625 kg), die Schutzengel-Glocke (Durchmesser 97 cm) kommt auf ein Gewicht von 325 kg. Im Bild unten warten sie auf ihre Montage im Turm und auf dem Dach - auf Bierfässer gestellt.

Glocken der katholischen Kirchen im Stadtbezirk IV

Zu den Glocken in der ganzen Stadt Essen stellte Gerhard Hoffs bis zum Jahr 2007 ein über 300-seitiges Werk mit 269 „Glocken im Stadtdekanat Essen“ zusammen. Es verzeichnete fast alle der damals erhaltenen Glocken in katholischen Kirchen, auch im ehemaligen katholischen Dekanat Essen-Borbeck. Dabei wird deutlich, dass die meisten Glocken erst nach dem Krieg neu in die Türme gehängt wurden – die alten waren zum großen Teil verloren und zerstört.

Gussjahr

Ortsteil

Kirche

Herstellende Glockengießerei

1897

Essen-Frintrop

St. Joseph

Karl (I) Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen bei Bremen (1)

1901

Essen- Bergeborbeck

St. Mariä Rosenkranz

Karl (I) Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen bei Bremen (1)

1926

Essen- Schönebeck

St. Antonius Abbas

Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation (3)

1933

Essen-Frintrop

St. Joseph

Fa. Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher (1)

1947

Essen-Borbeck

St. Johannes Bosco

Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation (4)

1955

Essen-Borbeck

St. Dionysius

Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation (5)

1955

Essen-Frintrop

St. Joseph

Wolfgang Hausen – Mabilon, Fa. Mabilon & Co., Saarburg (1)

1958

Essen-Borbeck

St. Maria Immaculata

Friedrich Wilhelm Schilling, Glockengießerei Heidelberg (3)

1958

Essen-Frintrop

Herz Jesu

Wolfgang Hausen-Mabilon, Fa. Mabilon & Co., Saarburg (5)

1959

Essen-Dellwig

St. Michael

Hans Georg Hermann Maria Hüesker, Fa. Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher (5)

1959

Essen-Gerschede

St. Paulus

Wolfgang Hausen – Mabilon, Fa. Mabilon & Co., Saarburg (5)

1966

Essen-Bedingrade

St. Franziskus

Hans Georg Hermann Maria Hüesker, Fa. Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher (5)

2019 wurde der stählerne Glockenstuhl in St. Dionysius im Rahmen der vollständigen Sanierung des Kirchturms neu justiert und das Geläut neu eingestellt. Doch manche der oben genannten anderen Kirchen stehen inzwischen nicht mehr - auch ihre Glocken, die so oft zu hören waren, sind damit verstummt und verschwunden. So gingen wir schon bei früherer Gelegenheit dem Schicksal des dreistimmigen Bronzegeläuts der ehemaligen Kirche St. Maria Immaculata nach, das seit 2021 in der 1.400 Kilometer entfernten Pfarrei Mariä Heimsuchung in Nemesnádudvar/Ungarn erklingt. Die wahrscheinlich älteste sicher datierbare Glocke im ganzen Stadtbezirk IV läutet gar nicht mehr: Sie wurde vor fast 260 Jahren in Königsberg/Ostpreußen gegossen, entging dem „Glockensterben“, hing bis 2020 im Turm von St. Thomas Morus in Vogelheim und wartet mit einer weiteren Glocke noch auf ihre nächste Verwendung.

Blick in den Glockenstuhl der Dionysiuskirche am Alten Markt in Borbeck-Mitte, vor der Renovierung von 2019

Glocken läuten für den Frieden

Seit 65 Jahren begeht die Katholische Kirche am 1. Januar den „Welttag des Friedens“, der von den Glocken eingeläutet wird. Papst Paul VI. wollte so den ersten Tag eines neuen Jahres – und damit das gesamte Jahr – unter die Perspektive des Friedens stellen: „Man muss die Welt dazu erziehen, den Frieden zu lieben, den Frieden aufzubauen, den Frieden zu verteidigen“, kündigte er am 8. Dezember 1967 die Einrichtung des internationalen „Tag des Friedens“ an. Die Nationen sollten sich gegenseitig achten und die Völker untereinander Brüder werden, forderte der Papst in seinem Schreiben, und der Gedenktag selbst solle keine rein religiöse Sache bleiben, sondern richtete sich an alle Menschen.

Oft haben die kriegsgebeutelten Glocken genau dafür ein Zeichen gesetzt: Beeindruckend geschah das etwa zuletzt am 3. März 2022, als die Europäische Vereinigung der Dombauhütten am Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine zu einem beeindruckenden Glockenläuten von allen großen Domen und Kathedralen aufrief. Wenn alle Glocken weltweit nun in der Silvesternacht und an Neujahr das neue Jahr einläuten, dann ist das ganz sicher ein Zeichen, das in diesen Zeiten mehr als verstanden werden dürfte.

Christof Beckmann

 

Quellen und weitere Artikel:

(1) Nachdem am 22. Juli 1917 zum Abschied von drei Glocken dieselben von der Predigt bis zur Wandlung geläutet und in der Nummer 29 des Borbecker Kirchenblatts (KB) ein Artikel von Rektor Joh. Pesch über Glockensagen (S.230) erschienen war, („An alle meine Leser richte ich die Bitte, mit Glockensagen und den Volksglauben, der sich an Glocken knüpft, mitzuteilen, da ich in einem Bändchen recht viele der Sagen vereinigen möchte“), wurden sie (bis auf die größte und älteste aus dem Jahre 1411, die dem 2.Weltkrieg zum Opfer fiel) am 25.7. abtransportiert. Ein „Nachruf“ erschien in Nr.31 und 32. (KB 7(1917),31 vom 5.8. und 32 vom 12.8.) 1920 berichtete das KB, dass von Seiten der Pfarrangehörigen der Wunsch nach neuen Glocken nachdrücklich an die Pfarrgeistlichkeit herangetragen worden sei. Die Kirche allerdings habe kein Geld, für die Glocken seien 5545 Mk. Entschädigung gezahlt worden und es stehe ein Fonds vom 10.000 Mark zur Verfügung. Angesichts der Kosten von 500.000 Mark für 5 neue Bronzeglocken entschied man sich für Stahlglocken, für die 50-60.000 Mark an Spenden notwendig wurden. Mit der Frage „Wer schenkt die erste Glocke?“ wandte sich die Geistlichkeit an die Pfarrangehörigen. (KB 10(1920),37 vom 19.9.) Mit der Bekanntgabe des ersten sonntäglichen Kollektenergebnisses von 1224,15 Mark wurde die Hoffnung ausgesprochen, dass die nötigen 50.000 Mark bald zusammen wären. (KB 10(1920),39 vom 3.10.) Die nächsten Kollekten fielen geringer aus. Bis Ende 1920 kamen bei den Sammlungen, deren Ergebnisse regelmäßig im KB veröffentlicht wurden, weit über 9000 Mark zusammen.

16.04.2022: Älteste Glocke Borbecks schlägt nicht mehr. Große Rätsel um vergessene Kunstwerkwerke

11.06.2021: St. Paulus: Das letzte und das nächste Kapitel. Die Gemeinde St. Paulus nimmt Abschied von ihrer Kirche

02.04.2021: Glocken von St. Maria Immaculata läuten heute in Ungarn. Eine Reise von der Ruhr an die Donau

26.01.2021: Wo die Glocken hängen? In Bedingrade! 1925 wurde das Lutherhaus eingeweiht

23.12.2020: Glocken schlagen in ganz Borbeck. Kirchen läuten die Weihnachtsbotschaft

Borbeck-Lexikon: 1600-1800: Vom großen Krieg bis zum Ende des Stifts

Andreas Koerner, Der Heilige Donatus in Borbeck, in: Borbecker Beiträge; Essen-Borbeck; 21(2005),3, S. 102-108 : Ill.

Albert Lauscher, Der neue Hochaltar der Pfarrkirche zum hl. Dionysius in Essen-Borbeck, in: Die christliche Kunst. Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst und der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben, 12. Jg., 1915/1916, F. Bruckmann, München, S.189-200.

Dionysiuskirche nach dem Bombenangriff im Oktober 1944: Der Turm blieb stehen, die letzte Glocke stürzte aber in die Tiefe. Unten: 1951 wurde die wieder aufgebaute Kirche von Kardinal Frings aus Köln neu geweiht. Im Mauerwerk sind die Spuren der Zerstörung noch heute zu erkennen.

 

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Kommentare

Kommentar von Rainer W. Seck |

Ein toller Artikel. Wieder etwas gelernt, dass ich mit ins neue Jahr nehmen kann.
Nach dem Abriss der Herz Jesu-Kirche in Unterfrintrop 2008 fanden die fünf Glocken von dort übrigens in der St. Michael-Gemeinde in Duisburg-Meiderich eine neue Heimat. Wenn der Wind gut steht und man die Ohren spitzt, kann man sie manchmal in Frintrop hören.

Allen einen guten Rutsch in ein friedvolles und glückliches 2024.

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