Viel Geld fürs Altenheim

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0 10.09.2019

ESSEN/BORBECK. Zum Thema Heimkosten hat der Borbecker Georg Paaßen folgenden Beitrag verfasst, der auf Angaben von sechs Borbecker Heimen basiert. Paaßen ist seit 1995 als staatlich examinierter Altenpfleger tätig. Mit seiner Seite pflegegrad.info informiert er über die Pflegeversicherung und deren Leistungen.

"Die Zahlungen der Pflegebedürfigen an die Pflegeheime setzen sich im wesentlichen aus drei Teilen zusammen: Unterkunft und Verpflegung, Investitionskostenanteil sowie Pflegekosten. Hinzu kommt in NRW die Ausbildungsumlage. Seit 2017 gilt: zumindest der Pflegekostenanteil bleibt konstant und steigt nicht mehr mit wachsendem Pflegebedarf. Was die Seniorenheime in Rechnung stellen, kann nicht frei bestimmt werden. In Vergütungsverhandlungen mit Kassen und Sozialämtern müssen die betriebswirtschaftlichen Daten offen gelegt werden.

Wie hoch ist der Eigenanteil?

Nur was die Kostenträger genehmigen, taucht als Eigenanteil der Pflegebedürftigen auf. Aber: Seit Jahrzehnten steigen die Kosten der pflegerischen Versorgung schneller, als die Leistungen der Pflegeversicherung. Das schlägt sich in den Eigenanteilen nieder. Über die Eigenanteile sagt Andreas Storm (DAK-Gesundheit), seit Beginn der Pflegeversicherung 1995 hätten sich die Zuzahlungen der Pflegebedürftigen in Altenheimen nahezu verachtfacht. 2018 sei jeder dritte Mensch, der in einem Altenheim wohne, auf Unterstützung vom Sozialamt angewiesen. Es sei „völlig inakzeptabel“ das regelmäßig mehr gefordert werde, als die gesetzliche Rente zahlt. 2018 wird für Nordrhein-Westfalen von einem durchschnittlichen Eigenanteil von monatlich 2326€ geschrieben. (Allgemeine Erläuterungen zu Eigenanteilen: https://www.pflegegrad.info/stichworte/eigenanteil.php)

Im September 2019 haben wir bei sechs Borbecker Altenheimen nachgesehen. Wie hoch sind Kosten und (Gesamt–) Eigenanteile bei Pflegegrad 3 in einem Einzelzimmer? Wir kommen auf monatlich 2475 Euro, die die Pflegebedürftigen zu zahlen haben.

Ein Trostpflaster: In NRW gibt es „Pflegewohngeld“. Dessen Höhe schwankt von Einrichtung zu Einrichtung, hilft aber den Eigenanteil zu finanzieren. Die wenigsten Leser*innen könnten solche Beträge aus den monatlichen Einnahmen bestreiten. Auch, was auf der hohen Kante liegt, schmilzt schnell dahin. Dann springt das Sozialamt ein und den Pflegebedürftigen bleibt ein „Taschengeld“. Hier gibt's Nebenwirkungen: Eltern müssen für den Lebensunterhalt ihrer kleinen Kinder sorgen. Diese Verpflichtung ist eine (fast) unumstrittene Selbstverständlichkeit.

Viele wissen nicht, dass die Unterhaltspflicht auch in die andere Richtung besteht: Kinder müssen für den Lebensunterhalt ihrer Eltern sorgen. Zu diesem Elternunterhalt hat der MDR jetzt eine Beispielrechnung veröffentlicht. Von 3000€ „bereinigtem“ Nettoeinkommen sind Unterhaltsverpflichtungen (zum Beispiel für eigene Kinder) abzuziehen. Das könnten für eine Elfjährige 365 Euro sein. Dann gibt es einen „Selbstbehalt“. Das ist eine Pauschale, um den Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen abzudecken. Das könnten 1800 Euro sein. 3000-(365+1800)=835 Davon seien 50 Prozent, also 417,50 Euro als Elternunterhalt anzusetzen.

Auf dieser Grundlage lässt sich erahnen, in welcher Größenordnung sich Elternunterhalt abspielt. In den vergangen Jahren war immer wieder zu lesen, dass die örtlichen Sozialämter, die letztlich die Kostenforderungen für Elternunterhalt stellen, weite Ermessensspielräume haben. In der Rechnung des MDR bleibt sowohl offen ob das Vermögen der Unterhaltspflichtigen anzurechnen ist, als auch in welcher Weise frühere „Schenkungen“ der unterhaltsberechtigten Eltern berücksichtigt werden.

Lassen Sie sich beraten! Im Pflegestützpunkt kann geholfen werden. Die Stadt Essen informiert über Standorte und aktuelle Beratungszeiten aller örtlichen Pflegestützpunkte: https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/50/Seniorenberatung_in_den_Pflegestuetzpunkten.pdf

Der nächste Termin ist am Montag, 16. September, 9 bis 12 Uhr, im Sozialen Bürgerservice Borbeck, Marktstraße 22

Aktuell hat die Bundesregierung beschlossen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Nur noch Kinder mit mehr als 100000 Euro Jahreseinkommen sollen zur Kasse gebeten werden, um Eigenanteile in Altenheimen zu finanzieren. Mal sehen, was aus dieser Initiative im Bundestag gemacht wird. Georg Paaßen

 

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